BGH-Beschluss vom 6. Juli 2016 (XII ZB 61/16):
Was muss in einer Patientenverfügung stehen?
Was ist wichtig, wenn man bei Koma lebenserhaltenden Maßnahmen nicht wünscht.
Der BGH hat vom 08.02.2017 (Az.: XII ZB 604/15) entschieden, dass eine bindende Patientenverfügung erfüllt werden muss, wenn diese den Abbruch von lebenserhaltenden Maßnahmen enthält. Seit einem erlittenen Schlaganfall im Jahr 2008 lag die Betroffene im Wachkoma, wurde über eine Magensonde künstlich ernährt und mit Flüssigkeit versorgt. Es lag eine unterschriebene Patientenverfügung aus dem Jahr 1998 vor. Darin stand, dass „lebensverlängernde Maßnahmen unterbleiben“ sollten, wenn keine Aussicht auf Wiedererlangung des Bewusstseins besteht oder aufgrund von Krankheit oder Unfall ein schwerer Dauerschaden des Gehirns zurückbleibe. Es kam zum Streit zwischen dem Sohn und Ehemann, beide sind jeweils als alleinvertretungsberechtigter Betreuer bestellt worden. Der Sohn ist der Meinung, dass die künstliche Ernährung eingestellt werden sollte, aber der Ehemann lehnt dies ab.
Das Verlangen des Ehemanns zur Einwilligung der künstlichen Ernährung wäre gegenüber dem Willen der Frau ein Widerruf ihrer Patientenverfügung und bedarf einer betreuungsgerichtlichen Genehmigung (siehe auch § 1904 BGB Genehmigung des Betreuungsgerichts bei ärztlichen Maßnahmen), wenn dadurch der Tod droht. Da jedoch der eigene Wille in einer bindenden Patientenverfügung nach § 1901 a Abs. 1 BGB niedergelegt wurde, ist eine betreuungsgerichtliche Genehmigung nicht erforderlich, soweit diese konkrete Entscheidungen über die Einwilligung oder Nichteinwilligung in bestimmte ärztliche Maßnahmen enthält.
Die Patientenverfügung beinhaltete zwar eine nicht hinreichend Konkretisierung „keine lebenserhaltenden Maßnahmen“, dennoch genügte sie doch, da bestimmte ärztliche Maßnahmen benannt bzw. auf ausreichend spezifizierte Krankheiten oder Behandlungssituationen Bezug genommen wurde, so z. B. „dass wenn keine Aussicht besteht, dass Bewusstsein wieder zu erlangen“. Es wurden aber auch die ärztlichen Maßnahmen näher konkretisiert, z. B.: „Behandlung und Pflege sollen auf Linderung von Schmerzen, Unruhe und Angst gerichtet sein. Und zwar selbst dann, wenn dadurch eine Lebensverkürzung nicht auszuschließen ist.“ Der BGH hatte sich mit dem Beschluss vom 6. Juli 2016 - XII ZB 61/16 bereits damit auseinandergesetzt, was die Anforderungen an einer Patientenverfügung im Zusammenhang mit dem Abbruch lebenserhaltender Maßnahmen sind (Download des Urteils hier). Inwieweit das auf ein Wachkoma zutrifft, konnte das Beschwerdegericht nicht feststellen, oder es muss erneut prüfen, ob es dem mutmaßlichen Willen der Frau entspricht, dass die künstliche Ernährung abgebrochen wird. In diesem Fall müssten dann auch die früher mündlichen oder schriftlichen Äußerungen, ethische oder religiöse Überzeugungen oder sonstige persönlicher Wertvorstellungen der Betroffenen mit einbezogen werden. Entscheidend ist dabei, wie die Betroffene selbst entschieden hätte.